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    Es war einmal ein weiter und wunderschöner Ort, wo die Stille wie bezaubernde Musik erklingt und die Luft süßer duftet als Honig. Dort in der Ferne liegt ein geheimnisvoller Zaubersee.

    Jeden Morgen öffnen sich auf der klaren blauen Wasseroberfläche eine Vielzahl von wunderschönen Lotusblumen. Gemeinsam erfreuen sie sich an der Schönheit ihrer Welt.

    Im Zaubersee spiegeln sie sich wider. Jede einzelne ist in ihrer Pracht einzigartig als auch edel: Weiß, rosa, rot und sogar gelb und blau.

    Dann, eines Tages, geschah etwas ganz Besonderes an diesem See …

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    Die kleinen Samenkörnchen, die im Innersten der Samenkapsel der Großen Weißen Lotusblume herangereift waren, hörten, wie diese zu ihnen sprach:

    „Meine geliebten Kinder, es ist an der Zeit, euren eigenen Weg zu gehen. Ihr seid nun reif geworden.

    Euch steht eine schwierige und gefährliche Reise bevor. Nicht alle werden ihren Weg bis zum Ende gehen und nach Hause zurückkehren. Doch jene, die das Ende erreichen, werden so schön sein wie die Bewohner dieser unserer Welt.

    Hört mir jetzt aufmerksam zu! Ich gebe euch dieses uralte Wissen weiter, das von Generation zu Generation gelehrt wurde.

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    In jedem von euch sind drei Schätze verborgen, die nicht mit Gold aufgewogen werden können. 
    Wenn ihr euch an sie erinnert, sobald ihr in Gefahr seid, könnt ihr die schwierigsten Prüfungen bestehen. 
    Diese drei Schätze sind

    zhen

    Wahrhaftigkeit

    shan

    Barmherzigkeit

    ren

    Nachsicht

    Es gibt keine Situation, in der euch diese drei Schätze nicht helfen können.“ Diese drei Schätze wurden in alten geheimnisvollen Schriften mit diesen Zeichen dargestellt. „Hört zu, es gibt noch mehr …“ – und die Große Weiße Lotusblume flüsterte den kleinen Samenkörnchen ihren letzten Rat zu. Schließlich sagte sie: „Ich glaube an jeden einzelnen von euch – und wenn ihr zur Oberfläche des Zaubersees zurückkehrt, werde ich dort auf euch warten.“

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    Am Abend beugte sich die Große Weiße Lotusblume tief über die Wasseroberfläche und ließ alle Lotussamen aus der Kapsel ins Wasser des Zaubersees gleiten.

    Eines der Samenkörnchen war schneller als die anderen. Es wunderte sich: „Warum hat die Große Weiße Lotusblume gesagt, dass unser Weg schwierig sein würde? Das Wasser ist sauber und klar, und ich kann sogar die Sonne sich darin spiegeln sehen.“

    Das kleine Samenkörnchen war zu unerfahren, um zu wissen, dass es viel einfacher ist, nach unten zu fallen als hochzusteigen.

    Je tiefer das kleine Samenkörnchen sank, desto finsterer wurde das Wasser, bis es ringsum nur noch Schlamm und Schlick gab. „Oh - oh - OH!“, schrie das kleine Samenkörnchen, „ich kann kaum noch etwas sehen!“ Aber es versank immer tiefer im Schlamm ... und es wurde so ängstlich, dass es die Augen schloss. 

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    Nach einiger Zeit entschied sich das kleine Samenkorn, erst das eine Auge zu öffnen und danach das andere, aber es konnte immer noch nichts sehen. „Wohin soll ich jetzt gehen? Wo ist mein Zuhause? Wie komme ich zurück?“

    Das kleine Samenkorn hörte seltsame Schluckgeräusche, als ob jemand auf seine Fragen antworten würde. Etwas Dunkles und Langes näherte sich ihm schnell.

    Bald konnte es das kleine Samenkorn erkennen: Es war ein riesiges Krokodil. Aber in der Dunkelheit war es unmöglich, den Namen zu lesen, der auf dem Rücken der Kreatur geschrieben stand. „Kleines Samenkorn, kleines Samenkorn“, begann die Kreatur mit einer tiefen, bedrohlichen Stimme zu sprechen: „Auf dich habe ich gewartet – dich erwartet ein neues Leben – und ich bin bereit, dir einige wertvolle Ratschläge zu geben.

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    Im Leben gibt es alle möglichen Situationen. Jemand könnte dich unabsichtlich anrempeln: schließlich ist dies ein sehr dunkler Ort.

    Oder vielleicht sind die Bewohner gerade schlecht gelaunt – die Bewohner unserer Welt haben fast immer schlechte Laune – jemand könnte etwas Verletzendes zu dir sagen. Lass das nie ungestraft! Gib es ihnen doppelt und dreifach zurück, schlag’ zurück so fest du kannst, damit es die anderen begreifen …“ – fuhr das mysteriöse Wesen mit seiner energischen Rede fort.

    Voller Angst dachte das kleine Samenkorn: „Vielleicht soll es ja so sein. Wie sonst könnte man an diesem schrecklichen Ort überleben?“ Doch plötzlich fielen ihm die Worte der Großen Weißen Lotusblume ein und es dachte bei sich: „Wenn ich den Ratschlag dieser Kreatur befolge, werde ich für immer an diesem schmutzigen Ort bleiben müssen und bald auch so schrecklich aussehen.“

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    Langsam kam die monströse Kreatur – das Unterwasserkrokodil – näher. Hätte das kleine Samenkorn auch nur einen winzigen Teil dessen Ratschläge befolgt, so hätte das Krokodil zu Recht ein Stück von ihm abbeißen dürfen. In dieser Welt gab es nichts kostenlos; nicht mal einen Rat. Ein Zurückkehren, um auf dem Zaubersee eine schöne Blume zu werden, wäre dann nicht mehr möglich.“

    „Aus jeder Situation gibt es einen Ausweg. Aus jeder Situation gibt es einen Ausweg!“ Diese Worte begann das kleine Samenkorn inständig zu wiederholen. Plötzlich erinnerte es sich an die drei Schätze, an das Geheimnis der Großen Weißen Lotusblume:

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    „Erinnert euch immer daran, dass in jedem von euch tief im Innern drei glitzernde machtvolle Schätze verborgen sind

    zhen

    Wahrhaftigkeit

    shan

    Barmherzigkeit

    ren

    Nachsicht

    Wenn die Zeit gekommen ist, werden sie euch helfen.“  
    Da geschah ein Wunder! 
    In dem Moment, als das kleine Samenkorn sich weigerte, den hinterhältigen Rat anzunehmen, wurde es von einem leuchtenden Strahlen aus BARMHERZIGKEIT umhüllt. Wie ein heller Stern erstrahlte dieses Licht überall.

    Auf dem Rücken des Monsters konnte man nun seinen Namen deutlich lesen: “Das Böse“.

    Plötzlich ließ eine starke Kraft das kleine Samenkorn in die Höhe schnellen, so als befände es sich auf einer riesigen Schaukel. 

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    Nach und nach erschien eine vollkommen andere Welt. Die Welt der schwarzen Dunkelheit war nun weit unten – und das kleine Samenkorn war von dunklem Grau umhüllt.

    Es atmete sich leichter. Das kleine Samenkorn schaute um sich und bemerkte: „Ja! Ich habe zwei Blütenblätter bekommen! Wow! Ich werde zu einer echten Blume!“

    Aber es war noch zu früh, sich zu freuen …  

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    Aus der trostlosen Umgebung näherte sich eine schleimige, warzige Kröte. Sie paddelte mit ihren riesigen Schwimmfüßen auf das Samenkorn zu und krächzte: „Willkommen in unserer Welt, kleine Lotusblume! Unsere Regeln sind einfach: Jeder für sich, hilf niemandem. Schütze nur deine eigenen Interessen, koste es, was es wolle. Dafür kann man auch lügen. Wenn man etwas falsch gemacht hat, kann man es einfach jemand anderem anhängen. Wenn du Süßigkeiten teilst, mach es so: Fünf für dich selbst, ein Stück für den anderen …“

    Erschrocken weiteten sich die Augen des kleinen Samenkorns. Es starrte die Kreatur an, die solch Eigenartiges gesagt hatte. Die Worte unterschieden sich sehr stark von jenen, welche die Große Weiße Lotusblume gelehrt hatte! 

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    Diesmal kam dem Samenkorn der Gedanke an die drei Schätze viel schneller in den Sinn, denn in der grauen Welt zu bleiben und nach den Regeln dieses Monsters zu leben, war nicht das, was es wollte. In dem Moment erschien die WAHRHAFTIGKEIT wie ein Leuchtfeuer. Ein schützender Schleier umhüllte das Samenkorn und schob es kraftvoll nach oben. Auf dem Rücken der warzigen Kröte konnte man das Wort “Unehrlichkeit“ lesen.

    Das kleine Samenkorn befand sich nun in einer trüben Welt. Glücklich bewegte es seine sechs Blütenblätter. Ja, es waren nun dreimal soviele, denn mit jedem Sieg wurde das kleine Samenkorn stärker. Irgendwo über sich konnte es bereits Sonnenstrahlen sehen.

    Aber die Prüfungen waren noch nicht vorüber …  

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    In der Ferne erschien ein ekliger Wurm, der eher wie eine fette Schlange aussah.

    Langsam kam er näher, schaute sich das kleine Samenkorn genau an und studierte es. Der eklige Wurm versuchte seine Schwächen zu finden.

    So mächtig wie die anderen bösen Bewohner der anderen Welten war er nicht, aber er war schlauer. Er sprach mit einer einschmeichelnden Stimme: „Du hast Glück, kleine Lotusblume – zu Recht kann man dich jetzt so nennen. In unserer Welt des Friedens gibt es keinen Wind, und so dunkel ist es auch nicht. Die Regeln sind einfach und leicht: Erstens, wenn du etwas nicht tun willst, dann tu es auch nicht – weder lernst du, noch gibst du dir große Mühe – Schwierigkeiten umgehen wir. Zweitens, wir brauchen keine Freunde, denn wenn man Freunde hat, muss man vielleicht ihre schlechte Laune ertragen oder ihnen in schwierigen Situationen helfen. 

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    Drittens, wenn jemand etwas Unangenehmes zu dir sagt, halte dich nicht zurück: selbst die schlimmsten Dinge, die dir in den Sinn kommen, kannst du sagen …“

    Da dachte die kleine Lotusblume: „Natürlich ist es verlockend, sich keine große Mühe geben zu müssen ... aber dann werde ich nie etwas Neues lernen. Und außerdem ist es langweilig, allein und ohne Freunde zu sein – wie schrecklich! Nein, nein, NEIN! Ich habe alles in mir, um dieser trostlosen und langweiligen Welt zu entfliehen!“

    Der dritte Schatz war schon bereit zu helfen. Der Stern der NACHSICHT leuchtete rasch in ihrem Herzen auf und umhüllte die kleine Lotusblume wie eine strahlende Lichtkugel aus Perlmutt – und die kleine Lotusblume stieg langsam aufwärts. 

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    Schnell wurde der Wurm namens “Faulheit“ kleiner und versank in der Tiefe, bevor er ganz verschwand.

    Das Sonnenlicht wurde immer heller und heller und das Wasser ringsum immer klarer und klarer. Die kleine Lotusblume wurde immer stärker und kräftiger, ihr Stängel wuchs schneller und sie war voller Zuversicht. Die dunkelgraue und trübselige Welt lag nun weit unter ihr.

    Auch zwischen Wasser und Luft bestand keine Grenze mehr. Die kleine Lotusblume erschien auf der Oberfläche des geheimnisvollen Zaubersees.

     

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    „Willkommen zu Hause, kleine Lotusblume!“,  
    erklang die Stimme der Großen Weißen Lotusblume.

    „Jetzt, da du stark und schön geworden bist, kannst du andere mit deiner Kraft unterstützen und die Welt mit deiner vollendeten Schönheit erfreuen.“

    Die kleine Lotusblume blickte auf ihr Spiegelbild im Zaubersee ... und sah eine herrliche Blume mit glitzernden, durchscheinenden Blütenblättern.

    Rundherum erschienen immer mehr Lotusblumen. Jede von ihnen war ihren eigenen Weg gegangen. Jede zeigte nun ihre einzigartige Schönheit.

    Wenn Du genau hinschaust, kannst Du ihre hoffnungsvollen Blicke sehen, als ob sie Dir sagen würden:

    „Gehe Deinen eigenen Weg gut!“

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Es war einmal ein weiter und wunderschöner Ort, wo die Stille wie bezaubernde Musik erklingt und die Luft süßer duftet als Honig. Dort in der Ferne liegt ein geheimnisvoller Zaubersee.

Jeden Morgen öffnen sich auf der klaren blauen Wasseroberfläche eine Vielzahl von wunderschönen Lotusblumen. Gemeinsam erfreuen sie sich an der Schönheit ihrer Welt.

Im Zaubersee spiegeln sie sich wider. Jede einzelne ist in ihrer Pracht einzigartig als auch edel: Weiß, rosa, rot und sogar gelb und blau.

Dann, eines Tages, geschah etwas ganz Besonderes an diesem See …
Die kleinen Samenkörnchen, die im Innersten der Samenkapsel der Großen Weißen Lotusblume herangereift waren, hörten, wie diese zu ihnen sprach:

„Meine geliebten Kinder, es ist an der Zeit, euren eigenen Weg zu gehen. Ihr seid nun reif geworden.

Euch steht eine schwierige und gefährliche Reise bevor. Nicht alle werden ihren Weg bis zum Ende gehen und nach Hause zurückkehren. Doch jene, die das Ende erreichen, werden so schön sein wie die Bewohner dieser unserer Welt.

Hört mir jetzt aufmerksam zu! Ich gebe euch dieses uralte Wissen weiter, das von Generation zu Generation gelehrt wurde.
In jedem von euch sind drei Schätze verborgen, die nicht mit Gold aufgewogen werden können.
Wenn ihr euch an sie erinnert, sobald ihr in Gefahr seid, könnt ihr die schwierigsten Prüfungen bestehen.
Diese drei Schätze sind
zhen

Wahrhaftigkeit

shan

Barmherzigkeit

ren

Nachsicht

Es gibt keine Situation, in der euch diese drei Schätze nicht helfen können.“ Diese drei Schätze wurden in alten geheimnisvollen Schriften mit diesen Zeichen dargestellt. „Hört zu, es gibt noch mehr …“ – und die Große Weiße Lotusblume flüsterte den kleinen Samenkörnchen ihren letzten Rat zu. Schließlich sagte sie: „Ich glaube an jeden einzelnen von euch – und wenn ihr zur Oberfläche des Zaubersees zurückkehrt, werde ich dort auf euch warten.“
Am Abend beugte sich die Große Weiße Lotusblume tief über die Wasseroberfläche und ließ alle Lotussamen aus der Kapsel ins Wasser des Zaubersees gleiten.

Eines der Samenkörnchen war schneller als die anderen. Es wunderte sich: „Warum hat die Große Weiße Lotusblume gesagt, dass unser Weg schwierig sein würde? Das Wasser ist sauber und klar, und ich kann sogar die Sonne sich darin spiegeln sehen.“

Das kleine Samenkörnchen war zu unerfahren, um zu wissen, dass es viel einfacher ist, nach unten zu fallen als hochzusteigen.

Je tiefer das kleine Samenkörnchen sank, desto finsterer wurde das Wasser, bis es ringsum nur noch Schlamm und Schlick gab. „Oh - oh - OH!“, schrie das kleine Samenkörnchen, „ich kann kaum noch etwas sehen!“ Aber es versank immer tiefer im Schlamm ... und es wurde so ängstlich, dass es die Augen schloss.
Nach einiger Zeit entschied sich das kleine Samenkorn, erst das eine Auge zu öffnen und danach das andere, aber es konnte immer noch nichts sehen. „Wohin soll ich jetzt gehen? Wo ist mein Zuhause? Wie komme ich zurück?“

Das kleine Samenkorn hörte seltsame Schluckgeräusche, als ob jemand auf seine Fragen antworten würde. Etwas Dunkles und Langes näherte sich ihm schnell.

Bald konnte es das kleine Samenkorn erkennen: Es war ein riesiges Krokodil. Aber in der Dunkelheit war es unmöglich, den Namen zu lesen, der auf dem Rücken der Kreatur geschrieben stand. „Kleines Samenkorn, kleines Samenkorn“, begann die Kreatur mit einer tiefen, bedrohlichen Stimme zu sprechen: „Auf dich habe ich gewartet – dich erwartet ein neues Leben – und ich bin bereit, dir einige wertvolle Ratschläge zu geben.
Im Leben gibt es alle möglichen Situationen. Jemand könnte dich unabsichtlich anrempeln: schließlich ist dies ein sehr dunkler Ort.

Oder vielleicht sind die Bewohner gerade schlecht gelaunt – die Bewohner unserer Welt haben fast immer schlechte Laune – jemand könnte etwas Verletzendes zu dir sagen. Lass das nie ungestraft! Gib es ihnen doppelt und dreifach zurück, schlag’ zurück so fest du kannst, damit es die anderen begreifen …“ – fuhr das mysteriöse Wesen mit seiner energischen Rede fort.

Voller Angst dachte das kleine Samenkorn: „Vielleicht soll es ja so sein. Wie sonst könnte man an diesem schrecklichen Ort überleben?“ Doch plötzlich fielen ihm die Worte der Großen Weißen Lotusblume ein und es dachte bei sich: „Wenn ich den Ratschlag dieser Kreatur befolge, werde ich für immer an diesem schmutzigen Ort bleiben müssen und bald auch so schrecklich aussehen.“
Langsam kam die monströse Kreatur – das Unterwasserkrokodil – näher. Hätte das kleine Samenkorn auch nur einen winzigen Teil dessen Ratschläge befolgt, so hätte das Krokodil zu Recht ein Stück von ihm abbeißen dürfen. In dieser Welt gab es nichts kostenlos; nicht mal einen Rat. Ein Zurückkehren, um auf dem Zaubersee eine schöne Blume zu werden, wäre dann nicht mehr möglich.“

„Aus jeder Situation gibt es einen Ausweg. Aus jeder Situation gibt es einen Ausweg!“ Diese Worte begann das kleine Samenkorn inständig zu wiederholen. Plötzlich erinnerte es sich an die drei Schätze, an das Geheimnis der Großen Weißen Lotusblume:
„Erinnert euch immer daran, dass in jedem von euch tief im Innern drei glitzernde machtvolle Schätze verborgen sind
zhen

Wahrhaftigkeit

shan

Barmherzigkeit

ren

Nachsicht

Wenn die Zeit gekommen ist, werden sie euch helfen.“
Da geschah ein Wunder!
In dem Moment, als das kleine Samenkorn sich weigerte, den hinterhältigen Rat anzunehmen, wurde es von einem leuchtenden Strahlen aus BARMHERZIGKEIT umhüllt. Wie ein heller Stern erstrahlte dieses Licht überall.

Auf dem Rücken des Monsters konnte man nun seinen Namen deutlich lesen: “Das Böse“.

Plötzlich ließ eine starke Kraft das kleine Samenkorn in die Höhe schnellen, so als befände es sich auf einer riesigen Schaukel.
Nach und nach erschien eine vollkommen andere Welt. Die Welt der schwarzen Dunkelheit war nun weit unten – und das kleine Samenkorn war von dunklem Grau umhüllt.

Es atmete sich leichter. Das kleine Samenkorn schaute um sich und bemerkte: „Ja! Ich habe zwei Blütenblätter bekommen! Wow! Ich werde zu einer echten Blume!“

Aber es war noch zu früh, sich zu freuen …
Aus der trostlosen Umgebung näherte sich eine schleimige, warzige Kröte. Sie paddelte mit ihren riesigen Schwimmfüßen auf das Samenkorn zu und krächzte: „Willkommen in unserer Welt, kleine Lotusblume! Unsere Regeln sind einfach: Jeder für sich, hilf niemandem. Schütze nur deine eigenen Interessen, koste es, was es wolle. Dafür kann man auch lügen. Wenn man etwas falsch gemacht hat, kann man es einfach jemand anderem anhängen. Wenn du Süßigkeiten teilst, mach es so: Fünf für dich selbst, ein Stück für den anderen …“

Erschrocken weiteten sich die Augen des kleinen Samenkorns. Es starrte die Kreatur an, die solch Eigenartiges gesagt hatte. Die Worte unterschieden sich sehr stark von jenen, welche die Große Weiße Lotusblume gelehrt hatte!
Diesmal kam dem Samenkorn der Gedanke an die drei Schätze viel schneller in den Sinn, denn in der grauen Welt zu bleiben und nach den Regeln dieses Monsters zu leben, war nicht das, was es wollte. In dem Moment erschien die WAHRHAFTIGKEIT wie ein Leuchtfeuer. Ein schützender Schleier umhüllte das Samenkorn und schob es kraftvoll nach oben. Auf dem Rücken der warzigen Kröte konnte man das Wort “Unehrlichkeit“ lesen.

Das kleine Samenkorn befand sich nun in einer trüben Welt. Glücklich bewegte es seine sechs Blütenblätter. Ja, es waren nun dreimal soviele, denn mit jedem Sieg wurde das kleine Samenkorn stärker. Irgendwo über sich konnte es bereits Sonnenstrahlen sehen.

Aber die Prüfungen waren noch nicht vorüber …
In der Ferne erschien ein ekliger Wurm, der eher wie eine fette Schlange aussah.

Langsam kam er näher, schaute sich das kleine Samenkorn genau an und studierte es. Der eklige Wurm versuchte seine Schwächen zu finden.

So mächtig wie die anderen bösen Bewohner der anderen Welten war er nicht, aber er war schlauer. Er sprach mit einer einschmeichelnden Stimme: „Du hast Glück, kleine Lotusblume – zu Recht kann man dich jetzt so nennen. In unserer Welt des Friedens gibt es keinen Wind, und so dunkel ist es auch nicht. Die Regeln sind einfach und leicht: Erstens, wenn du etwas nicht tun willst, dann tu es auch nicht – weder lernst du, noch gibst du dir große Mühe – Schwierigkeiten umgehen wir. Zweitens, wir brauchen keine Freunde, denn wenn man Freunde hat, muss man vielleicht ihre schlechte Laune ertragen oder ihnen in schwierigen Situationen helfen.
Drittens, wenn jemand etwas Unangenehmes zu dir sagt, halte dich nicht zurück: selbst die schlimmsten Dinge, die dir in den Sinn kommen, kannst du sagen …“

Da dachte die kleine Lotusblume: „Natürlich ist es verlockend, sich keine große Mühe geben zu müssen ... aber dann werde ich nie etwas Neues lernen. Und außerdem ist es langweilig, allein und ohne Freunde zu sein – wie schrecklich! Nein, nein, NEIN! Ich habe alles in mir, um dieser trostlosen und langweiligen Welt zu entfliehen!“

Der dritte Schatz war schon bereit zu helfen. Der Stern der NACHSICHT leuchtete rasch in ihrem Herzen auf und umhüllte die kleine Lotusblume wie eine strahlende Lichtkugel aus Perlmutt – und die kleine Lotusblume stieg langsam aufwärts.
Schnell wurde der Wurm namens “Faulheit“ kleiner und versank in der Tiefe, bevor er ganz verschwand.

Das Sonnenlicht wurde immer heller und heller und das Wasser ringsum immer klarer und klarer. Die kleine Lotusblume wurde immer stärker und kräftiger, ihr Stängel wuchs schneller und sie war voller Zuversicht. Die dunkelgraue und trübselige Welt lag nun weit unter ihr.

Auch zwischen Wasser und Luft bestand keine Grenze mehr. Die kleine Lotusblume erschien auf der Oberfläche des geheimnisvollen Zaubersees.


„Willkommen zu Hause, kleine Lotusblume!“,
erklang die Stimme der Großen Weißen Lotusblume.

„Jetzt, da du stark und schön geworden bist, kannst du andere mit deiner Kraft unterstützen und die Welt mit deiner vollendeten Schönheit erfreuen.“

Die kleine Lotusblume blickte auf ihr Spiegelbild im Zaubersee ... und sah eine herrliche Blume mit glitzernden, durchscheinenden Blütenblättern.

Rundherum erschienen immer mehr Lotusblumen. Jede von ihnen war ihren eigenen Weg gegangen. Jede zeigte nun ihre einzigartige Schönheit.

Wenn Du genau hinschaust, kannst Du ihre hoffnungsvollen Blicke sehen, als ob sie Dir sagen würden:

„Gehe Deinen eigenen Weg gut!“

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